Erfolgsqualifizierter Versuch
- Posted by IUDICUM
- Zugang Meinungsstreits, Strafrecht
Problemaufriss
Erfolgsqualifizierte Delikte verbinden ein vorsätzliches Delikt mit einem wenigstens fahrlässigen Erfolg. § 227 StGB (KV mit Todesfolge) ist das Paradebeispiel. Umstritten ist jedoch, ob auch ein erfolgsqualifizierter Versuch möglich ist, also ob der tatbestandsspezifische Gefahrenzusammenhang an den Erfolg oder bloß die Handlung anknüpft.
Meinung 1
Beim tatbestandsspezifischen Gefahrenzusammenhang muss an den Verletzungserfolg angknüpft werden. Ein erfolgsqualifziertes Delikt ist nicht möglich, da bei einem Versuch der Erfolg noch nicht eingetreten ist.
Arg.: In § 227 StGB steht “durch die Körperverletzung”. Folglich muss die Verletzung erfolgt sein. Außerdem ist eine restriktive Handhabung der Strafbarkeit aufgrund des hohen Strafrahmens geboten.
-> Letalitätslehre
Meinung 2
Anknüpfungspunkt ist die Verletzungshandlung. Ein erfolgsqualifiziertes Delikt ist möglich, da sich auch schon in der Versuchshandlung die Gefahr realisieren kann.
Arg.: § 227 StGB verweist auf die §§ 223 bis 226a StGB. In diesen Normen ist der Versuch möglich, teils explizit erwähnt (z.B. § 223 II StGB). Folglich weist schon der Wortlaut auf die Anknüpfung an die Handlung hin. Darüber hinaus gefährdet in vielen Fällen schon die Handlung das Opfer, weshalb sich bereits die Gefahr verwirklichen kann.
Lösung
Die h.M. knüpft an die Verletzungshandlung an. Die Letalitätslehre ist zu eng und spiegelt nicht die tatsächliche Gefährlichkeit mancher Verletzungshandlungen wieder. Darüber hinaus überzeugt das Argument, dass § 227 StGB explizit auf die Versuchsabsätze der §§ 223 ff. StGB verweist.
-> Der Meinungsstreit muss im Prüfungspunkt “Tatbestandsspezifischer Gefahrenzusammenhang” nur dann angesprochen werden, wenn ein erfolgsqualifizierter Versuch in Betracht kommt.