Halteverbot auch Wegfahrgebot
- Posted by IUDICUM
- Zugang Meinungsstreits, Öffentliches Recht
Problemaufriss
Wenn bei öffentlich-rechtlichen Abschleppfällen die Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids geprüft werden muss, ist im Gutachten immer darauf einzugehen, ob das entsprechende Verkehrsschild neben einem Halteverbot auch ein Wegfahrgebot enthält. Das Ergebnis wirkt sich wesentlich auf die Unterscheidung der verschiedenen Vollstreckungsverfahren aus.
Meinung 1
Ein Halteverbotsschild enthält unter anderem das Gebot, rechtswidrig stehende Fahrzeuge sofort wegzufahren. Auf dieses Gebot lassen sich Abschleppmaßnahmen stützen. Es ist nicht ersichtlich, warum noch eine zusätzliche Gebotsverfügung erlassen werden müsste, um den Verstoß zu beseitigen.
Meinung 2
Ein Halteverbotsschild enthält nur ein Halteverbot, kein darüber hinausgehendes Wegfahrgebot. Ein vollzugsfähiger Grund-VA besteht mithin nicht. Halteverbotsschilder erklären deutlich nur den Willen, ein Handeln zu verbieten. Das entgegenstehende Wegfahrgebot lässt sich dem Schild nicht entnehmen und muss daher explizit verfügt werden.
Lösung
Das BVerfG sieht in einem Halteverbotsschild auch das Gebot, wegzufahren. Begründen lässt sich diese Auffassung mit § 41 StVO, welcher besagt, dass Vorschriftszeichen zugleich Gebote und Verbote enthalten. Außerdem entspricht es dem Zweck eines Verbots, dass bei einem Verstoß hiergegen zugleich ein Gebot zur Beseitigung des Verstoßes (= Wegfahrgebot) entsteht. Alles andere wäre mit Blick auf die effektive Gefahrenabwehr sinnwidrig.