Vermieterpfandrecht vs. Sicherungsübereignung
- Posted by IUDICUM
- Zugang Meinungsstreits, Zivilrecht
Problemaufriss
Grundsätzlich hat der Vermieter gem. § 562 I BGB ein Pfandrecht an den vom Mieter eingebrachten Sachen. Nun kam es vorkommen, dass der Mieter zur Sicherung eines Bankkredits der Bank alle oder auch nur bestimmte Sachen aus der Mieträumlichkeit übereignet (Sicherungsübereignung). Erstrecken kann sich die Sicherungsübereignung auch auf künftige Sachen, die der Mieter z.B. zum Betrieb seines Gewerbes ankauft und nutzt (Antizipierte Sicherungsübereignung).
Dies führt dazu, dass das Vermieterpfandrecht mit der Sicherungsübereignung der Bank kollidieren kann. Beispiel: Der Mieter hat einen teuren Tisch gekauft und in die Mieträumlichkeit gebracht. Der Tisch kann zwar grundsätzlich vom Vermieter gepfändet werden, liegt jedoch auch im Sicherungseigentum der Bank. Nun ist fraglich, welchem Recht der Vorrang zu gewähren ist. Das normalerweise geltende Prioritätsprinzip hilft hier nicht weiter, da beide Rechte gleichzeitig entstanden sind.
Meinung 1
Das Vermieterpfandrecht genießt Vorrang. Eine Gleichrangigkeit beider Rechte oder gar der Vorrang der Sicherungsübereignung würde insbesondere bei Warenlagern mit häufig wechselndem Bestand zur wirtschaftlichen Aushöhlung des Vermieterpfandrechts führen.
Meinung 2
Es entsteht kein Vermieterpfandrecht. § 562 I BGB setzt voraus, dass die eingebrachten Sachen dem Mieter gehören. Da aber im Zeitpunkt der Einbringung auch die antizipierte Sicherungsübereignung wirksam wird, fehlt diese Voraussetzung.
Meinung 3
Beide Rechte sind gleichrangig. Bei der Befriedigung beider Gläubiger ist eine verhältnismäßige Aufteilung anzustreben.
Lösung
Der BGH geht davon aus, dass das Vermieterpfandrecht Vorrang genießt. Grund dafür sei, dass der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz verletzt würde, wenn sich das Pfandrecht nur auf einzelne Gegenstände des Mietraums erstrecken würde.
Die h.L. kritisiert diese Auffassung jedoch zurecht. Zunächst einmal ist es schlichtweg dogmatisch stringent, § 562 I BGB so auszulegen, dass die eingebrachten Sachen dem Mieter gehören müssen, damit ein Pfandrecht entsteht. Deshalb konterkariert die antizipierte Sicherungsübereignung bereits das Entstehen des Vermieterpfandrechts.
Darüber hinaus vermag es auch nicht zu überzeugen, warum der Bestimmtheitsgrundsatz verletzt sei. Erforderlich ist lediglich, dass die zu übereignenden Gegenstände so bestimmt bezeichnet sind, dass jeder, der die Vereinbarung kennt, die übereigneten Sachen von anderen unterscheiden kann. Diese Voraussetzung ist im hiesigen Fall gewahrt. Folglich kann der Vermieter kein Pfandrecht an dem (sicherungs-)übereigneten Tisch geltend machen.
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