Widerspruchsverfahren als Anhörung
- Posted by IUDICUM
- Zugang Meinungsstreits, Öffentliches Recht
Problemaufriss
Vor dem Erlass eines belastenden Verwaltungsakts muss gem. § 28 I VwVfG grundsätzlich eine Anhörung des Adressaten stattfinden. Umstritten ist, ob und wie eine unterbliebene Anhörung gem. § 45 I Nr. 3 VwVfG im Wege der Durchführung des Widerspruchsverfahrens gem. §§ 68 ff. VwGO geheilt wird.
Meinung 1
Das bloße Durchführen des Widerspruchsverfahrens reicht zur Heilung des Verfahrensfehlers aus, wenn die Behörde die Stellungnahme des Betroffenen zur Kenntnis nimmt. Der Widerspruchsführer kann sich ausführlich zu allen Punkten äußern, sodass der Zweck der Anhörung auch so gewahrt ist.
Meinung 2
Erforderlich ist, dass der Widerspruchsführer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die unterbliebene Anhörung durch das Widerspruchsverfahren nachgeholt wird. Anderenfalls wäre das Anhörungserfordernis von Anfang an obsolet.
Lösung
Solange der Widerspruchsführer ausreichend Möglichkeit zur Stellungnahme erhält und die Widerspruchsbehörde die Stellungnahme auch zur Kenntnis nimmt, ist die Heilung der unterbliebenen Anhörung erfolgt. Grund dafür ist, dass der ursprüngliche Zweck der Anhörung – Anspruch auf rechtliches Gehör, Selbstüberprüfung der Behörde – auch so gewahrt ist. Darüber hinaus ist das Anhörungserfordernis nicht obsolet: Bei unterbliebener Anhörung trägt der Rechtsträger der Behörde auf jeden Fall die Kosten des Widerspruchsverfahrens, § 80 I S. 2 VwVfG.