Labello als gefährliches Werkzeug
- Posted by IUDICUM
- Zugang Meinungsstreits, Strafrecht
Problemaufriss
Gem. § 250 I Nr. 1 b StGB macht sich ein Täter strafbar, wenn er ein Werkzeug oder gefährliches Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder mit Drohung zu brechen oder zu überwinden. Fraglich ist, ob ein Lippenpflegestift ein solches Werkzeug oder gefährliches Mittel sein kann, wenn der Täter diesen gezielt in den Rücken des Opfers drückt, um den Anschein einer Pistole im Rücken zu erwecken.
Meinung 1
Dem Wortlaut zufolge ist allein die Absicht des Täters, den Widerstand des Opfers zu brechen oder zu verhindern, maßgeblich für die Beurteilung.
Durch die gezielte Verwendung des Lippenpflegestifts kam es dem Täter darauf an, den Widerstand des Opfers zu verhindern. Ein taugliches Tatmittel liegt vor.
–> Subjektive Betrachtung
Meinung 2
Die objektiven Umstände müssen berücksichtigt werden: Ist ein Gegenstand offensichtlich ungefährlich, kann man nicht von einem schweren Raub ausgehen.
Vielmehr gelangt der Täter durch eine Täuschung an die Beute, was nicht unberücksichtig bleiben darf.
–> Objektive Betrachtung
Lösung
Die wohl h.L und der BGH sehen es als unbillig an, dem Täter die gleiche Strafe aufzuerlegen, wie einem Räuber, der sich tatsächlich gefährlichen Werkzeugen bedient. Das Strafmaß ist hoch, weshalb die Nutzung eines eigentlich ungefährlichen Gegenstands ein restriktives Verständnis der Werkzeugeigenschaft fordert. Ein Lippenpflegestift ist daher kein Werkzeug oder Mittel i.S.v. § 250 I S. 1 Nr. 1 b StGB.