Umfang der allgemeinen Handlungsfreiheit
- Posted by IUDICUM
- Zugang Meinungsstreits, Öffentliches Recht
Problemaufriss
Der Wortlaut des Art. 2 I GG (Allg. Handlungsfreiheit) spricht von der “freien Entfaltung der Persönlichkeit”. Es wird also nicht ausdrücklich vom Schutz jeglichen Verhaltens gesprochen. Infolgedessen ergibt sich eine Diskrepanz bei den Auslegungsmöglichkeiten, welche zu einem Meinungsstreit geführt hat.
Meinung 1
Der Schutzbereich des Art. 2 I GG umfasst nur die freie Entfaltung der Persönlichkeit, also nur die persönliche Lebensphäre. Ein Verhalten ist hiernach nur dann vom Schutzbereich erfasst, wenn es der Persönlichkeitsentfaltung dient.
Neben dem Wortlaut des Art. 2 I GG spricht auch die Bedeutung der Grundrechte für diese Ansicht: Es darf nicht einfach jedes banale Verhalten schutzwürdig sein, da der Schutzbereich anderenfalls uferlos ausweiten würde.
Meinung 2
Der Schutzbereich des Art. 2 I GG umfasst jegliches menschliche Verhalten. Art. 2 I GG dient insbesondere als Auffanggrundrecht, weshalb der Schutzbereich weit auszulegen ist.
Lösungsvorschlag
Die h.M. sieht jedes menschliche Verhalten als von Art. 2 I GG geschützt. Grund dafür ist, dass eine Auffangnorm für einen umfassenden Grundrechtsschutz erforderlich ist. Im Zweifel kann ein Eingriff immer noch gerechtfertigt sein, weshalb die grundsätzliche Eröffnung des Schutzbereichs nur einen marginalen Rechtsschutz bietet und die Reichweite des Art. 2 I GG nicht ausufern lässt.
Darüber hinaus besteht bei der Mindermeinung eine erhebliche Abgrenzungsfrage: Ab wann dient ein Verhalten eigentlich der Persönlichkeitsentfaltung?
Previous post
Rücktritt nach Erreichen des außertatbestandlichen Ziels (Denkzettel-Problematik)
Mai 9, 2022